05733 96 30 -0

Interview mit Roman Graf

Roman Graf über Trends, Nachhaltigkeit und dass Stein nicht gleich Stein ist.

Klassisch, rustikal, retro oder modern gradlinig – gibt es einen Trend? Worauf sollte man bei der Verarbeitung von Steinen für Mauern, Verblendungen und Flächen besonders achten? Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit und CO₂? Die Antworten auf diese und weitere Fragen lesen Sie in dem Interview.

Das Architekturbüro von Roman Graf liegt in Northeim, nahe der Universitätsstadt Göttingen.

Die Anfänge des Büros starteten 1963 in Hannover, 1975 ließ sich das Büro am Standort Northeim nieder. 1985 übernahm der Architekt Roman Graf das Büro alleinverantwortlich. In dem ländlich strukturierten Raum hat sich das Büro nie spezialisiert und kann daher mit einer breiten Palette von realisierten, sehr unterschiedlichen Bauvorhaben aufwarten.

Neben den Sanierungs- und Neubauvorhaben sind auch eine Reihe von städtebaulichen Planungen und Gutachten vom Büro der Architekten Graf und Partner bearbeitet und umgesetzt worden.

Roman Graf ist zum 4. Mal in Folge Vertreter der Architektenkammer für die Region Südniedersachsen und arbeitet aktiv auch in Ausschüssen an der Zukunft des Architektenberufes mit.

Weitere berufliche Aktivitäten von Roman Graf:

1999–2005Lehrauftrag FH
Hildesheim/Holzminden
1999–2008stellvertretender Landesvorsitzender
des BDA Niedersachsen
2008–2012Landesvorsitzender
des BDA Niedersachsen



Klassisch, rustikal, retro oder modern gradlinig – gibt es einen Trend?

Natürlich gibt es Trends in der Architektur. Allerdings kommt es hier grundsätzlich auf die jeweilige Haltung des Büros und insbesondere der Entwurfsarchitekten innerhalb eines Büros an. Maßgeblich geprägt wird man von der Ausbildung und den Professoren, die einen während des Studiums begleitet haben. In meiner Studienzeit war die Auseinandersetzung mit dem kritischen Regionalismus ein Schwerpunkt. Die Architekturen von Aalto, Botta, Moneo, Snotzi, Utzon und Zumtor – um nur einige großartige Kollegen zu nennen – haben uns in der Studienzeit maßgeblich beeinflusst. Die Auseinandersetzung mit dem Genius Loci – dem Geist des Ortes – ist für mich auch heute noch ein wichtiges Entwurfskriterium. Die ersten Berufsjahre wurden dann von der Auseinandersetzung mit der Postmoderne geprägt. In Anbetracht des hundertjährigen Bestehens des Bauhauses sind natürlich diese Bauten wieder von höchstem Interesse. Die oben gestellte Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden, denn dieses hängt eben von dem Geist des Ortes ab, dem man gestalterisch gerecht werden will. Ein Neubauteil in einem Fachwerk-Ensemble sieht dann oft anders aus als ein Bau auf der grünen Wiese. Der regionale Bezug und die Reduktion auf das Wesentliche ist sicherlich der Trend, den unser Büro auch in Zukunft verfolgen wird.

Steinfarben – erkennen Sie hier einen Trend?

Natürliche Materialien haben in meinem Berufsleben immer eine sehr große Rolle gespielt. Hier erkennen Sie die Reduktion auf das Wesentliche wieder. Die Natürlichkeit eines Materials drückt sich ja auch gerade im Wesen des Materials aus, daher spielt die Oberfläche und die Farbigkeit eines Materials eine sehr große Rolle. Nicht nur das Visuelle, sondern auch die Haptik eines Materials sind für mich wesentliche Faktoren. Durch die Auseinandersetzung – gerade mit historischer Architektur innerhalb meines Büros – haben wir viele Materialien wiederentdeckt, die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in Vergessenheit zu geraten schienen. Wir haben Lehmbauten realisiert und sehr viel mit Sandstein gebaut, Holzarchitektur war ebenfalls unser Thema. Daher ist die Natürlichkeit einer Steinfarbe für uns selbstverständlich. Steinfarben variieren von hell bis sehr dunkel, auch hier kommt es wieder auf die Bauaufgabe und den Ort an, an dem ich realisiere.

Worauf sollte man Ihrer Meinung nach bei der Verarbeitung von Steinen für Mauern, Verblendungen und Flächen besonders achten?

Bei dieser Frage kann ich auf das gezeigte Beispiel verweisen, bei dem wir die Mauersteine der Fa. Obolith mal wieder vorwiegend als Verblendsteine eingesetzt haben. Zum Beispiel im Zuge der Bebauung eines ehemaligen Krankenhaus-Arials mussten wir eine Hangkante von bis zu drei Metern baulich gestalten. Hier schwebte mir von Beginn an eine Mauer als Quardermauerwerk vor. Bei der Suche nach dem geeigneten Material stießen wir automatisch wieder auf die Produkte der Fa. Obolith. Wir wussten aus vergangenen Bauvorhaben um die Haltbarkeit und Qualität dieses Materials. Gerade diese Mauer musste vielfältigen Anforderungen genügen. Wir wollten mit dem Material allerdings auch die Anmutung einer Natursteinmauer erreichen. Das war möglich, in dem wir sehr verschiedene Formate unterschiedlich einsetzten, auch die Farbigkeit des Mörtels wurde darauf abgestimmt. Der Stein ist nicht homogen, sondern aus zwei Farbkomponenten gemischt. Das unterstreicht die Natürlichkeit. Abdeckplatten, ebenfalls aus dem Material, und ein unregelmäßiges Fugenbild bringt genau das Ergebnis hervor, welches an dieser Stelle gewünscht war.

Welche Rolle spielt für Sie und Ihre Arbeit das Thema Nachhaltigkeit und CO₂?

Das Thema Nachhaltigkeit und die Reduktion von CO₂ sind für die Architekturbüros, insbesondere wenn es sich um BDA Architekten handelt, schon lange Thema. So ist auf Bundesebene schon 2009 ein Klimamanifest im BDA verabschiedet worden, der die Vernunft für „Die Welt“ einfordert. Erstmals erklärten hier Architekten, Ingenieure etc. gemeinsam den Einsatz von Energie, Material und Boden, um ein Vielfaches zu verringern, umweltschädliche Emission zu vermeiden und den Einsatz der Baustoffe so zu planen, dass sie nach ihrer Nutzung zur Grundlage neuer Produkte werden. Dies veranlasste uns, bei der uns gestellten Aufgabe auf das Produkt der Fa. Obolith zurückzugreifen, da gerade hier die Frage der Nachhaltigkeit auch beim Bauherrn einen hohen Stellenwert besitzt. Nachhaltigkeit hat für uns auch etwas mit Gestaltung zu tun. Gut gestaltete Bauten und Bauteile sind Garant für Nachhaltigkeit.

Stein ist nicht gleich Stein – wo sehen Sie den Unterschied?

Dass ein Stein nicht gleich Stein ist, ist ja in den vorherigen Beiträgen schon angeklungen. Wir haben bei dieser Bauaufgabe natürlich auch den Einsatz von Natursteinen geprüft, sind aber in letzter Konsequenz bei dem Produkt des Kunststeins der Fa. Obolith verblieben, weil gerade dieser Stein mit der ausgewiesenen Härte und der Verwendung von natürlichen Materialien der Optik und Haptik des Natursteins sehr ähnlich ist und diesen gerade in der Haltbarkeit und Nachhaltigkeit bei Weitem übertrifft. Dies wurde uns auch von den ausführenden Unternehmen bestätigt.

Was ist für Sie bei einer langjährigen Zusammenarbeit besonders wichtig?

Langjährige Zusammenarbeit zeichnet sich im Vertrauen zum Produkt aus. Dieses ist aber nur eine Grundlage. Noch viel wichtiger ist das Zusammenspiel der Menschen, die dieses Produkt herstellen und vertreiben. Zu den Planenden und Ausführenden eines Bauvorhabens – auch wenn es altmodisch klingt – spielt für mich hier noch eine Vertrauensbasis und Verlässlichkeit eine wesentliche Rolle.
Mein Motto in diesem Zusammenhang lautet „Qualität ist nicht billig, aber preiswert“, da es nachhaltig und langfristig eingesetzt wird und über den Lebenszyklus eines Produktes wiederum Billigprodukte bei Weitem schlagen kann. Kosten können sich eben im Unterhalt eines Bauwerks summieren und damit „billige“ Bauten in Frage stellen.

Auf welches Projekt und welche Erfolge sind Sie besonders stolz?

Bedingt durch die Bandbreite der verschiedenen Projekte, die unser Büro über die Jahrzehnte realisieren konnte, sind in diesem Zusammenhang sicherlich einige Bauten zu nennen, welche auch überregional das Büro bekannt werden ließen.
Einige Beispiele: Wiederaufbau Stadthalle Northeim, Sanierung Schloss Nienover im Solling, Kreiswehrersatzamt in Lüneburg, Sanierung Volksbank Göttingen, Neubauten der Autohäuser der Hermann Gruppe, Umgestaltung verschiedener Volksbanken und Sparkassen.
Im Fazit können wir feststellen, dass wir auf jeden unserer Bauten stolz sind, da es sich auch immer um Bauherren handelt, die mit besonderem Engagement in Zusammenarbeit mit unserem Architekturbüro ihre Gebäude erstellt bzw. saniert haben. Wir sind also nicht nur auf die Bauten, sondern auch auf unsere Bauherren stolz.